Zynische Zeugnisse

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Das Landesarbeitsgericht Hamm (v. 14.11.2016 – 12 Ta 475/16) entschied einen interessanten Fall über den Zeugnisinhalt eines Arbeitnehmers.

Die Parteien hatten zuvor durch eine entsprechende Klausel zulässig vereinbart, dass der Arbeitnehmer das Zeugnis selbst formulieren und der Arbeitgeber hiervon nur aus wichtigem Grund abweichen dürfe. Der Arbeitgeber übersandte schließlich ein Zeugnis, das vom Entwurf des Arbeitnehmers durch eine Vielzahl Synonyme und Steigerungen abwich, die vordergründig sogar eine überragende Bewertung ergaben. Gleichzeitig änderte er den im Zeugnisentwurf enthaltenen Schlusssatz „…verlässt uns auf eigenen Wunsch, was wir sehr bedauern“ und formulierte: „…was wir zur Kenntnis nehmen“.

Das Landesarbeitsgericht ging in seiner Entscheidung auf Sinn und Zweck des Zeugnisses ein, einem potentiellen Arbeitgeber ein möglichst wahres Urteil über die Leistungen und das Verhalten am Arbeitsplatz zu geben. Das hier vom Arbeitgeber erteilte Zeugnis leiste insofern nichts. Der Gesamteindruck ergebe, dass die Formulierungen nicht ernstlich gemeint seien. Den Satz, „wenn es bessere Note als sehr gut geben würde, würden wir ihn damit beurteilen“, hielt das Gericht nicht nur für grammatikalisch misslungen, sondern verwies auf den Anspruch auf ein „gehöriges“ Zeugnis (BAG v. 3.3.1993 – 5 AZR 182/92). Der ironisierende Charakter des Zeugnisses wird daneben auch in der Änderung des Schlusssatzes erkennbar, der gar kein Bedauern mehr über das Ausscheiden eines so exellenten Mitarbeiters enthielt.

Was Schlusssätze betrifft, so ist zwar anzuführen, dass kein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Dankes- oder Wunschformel existiert. Der primär an einen unbekannten Dritten gerichtete Ausdruck persönlichen Empfindens ist daher eine Frage des persönlichen Stils. Insofern lässt das Fehlen des Dankes eher Rückschlüsse auf den Zeugnisverfasser als auf den Beurteilten zu (BAG v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11).

Im vorliegenden Fall durfte der Arbeitgeber jedoch von den Formulierungen des Zeugnisentwurfs nur aus wichtigem Grund abweichen. Einen solchen hatte er aber nicht.